Kinder des Überflusses

Der Kampf gegen die Spielzeugflut

Eines, woran ich mich in meiner Kindheit noch bestens erinnere, ist, dass ich an Weihnachten garantiert NIE die tollen Spielsachen bekam, die ich mir doch so sehnlichst gewünscht hatte. Mein Wunschzettel wurde konsequent ignoriert. War das ein allgemein bekanntes Phänomen zu meiner Zeit oder bin ich hier die Ausnahme? Schenken wir unseren Kindern deshalb heute möglichst vieles, was sie sich auf den Wunschzettel kleben? Diese Erklärung wäre vielleicht etwas zu kurz gegriffen.

Keinen emotionalen Zugang zum Spielzeug

Aber woher kommt es, dass unsere Kinder praktisch in einem Spielzeugmeer ertrinken? Was mich dabei besonders betrübt, ist die Sorglosigkeit, mit denen die Kinder mit ihren Spielsachen umgehen: Dem Traktor fehlt ein Rad? Macht doch nichts, man kann ja wieder einen neuen kaufen. Oder werfen wir ihn halt weg, ich habe ja noch drei andere. Wenn ich diese Gleichgültigkeit in den Gesichtern der Kinder sehe, könnte ich die Wände hoch. Was lief da falsch? Habe ich falsche oder ungenügende Werte vermittelt?

Mit dem Alter und der Anzahl Kinder sinkt der Einfluss der Eltern

Als mein erstes Kind auf die Welt kam, versuchte ich durchzusetzen, dass nur selektiv Spielzeug geschenkt wurden. Wichtig war mir, dass es erstens keine Batterien enthält und zweitens aus Holz statt aus Plastik ist. Das habe ich Familie und Bekannten so kommuniziert und zu Beginn funktionierte das eigentlich ganz gut. Mit der Zeit kommen aber ganz viele Geschenke von Bekannten dazu, die nicht zuerst fragen, was wir uns für das Kind wünschen. Da wird einfach geschenkt. Und meistens ist es Plastik. 

 

Wenn das Kind dann etwas älter und der Sprache mächtig ist, wird das Kind direkt gefragt. Dann muss das Geschenk möglichst grell und laut sein. Also mit grosser Wahrscheinlichkeit aus Plastik und mit Batterien. Die Fanartikel von Elsa und Sam lassen grüssen! So wird man als Eltern je länger je machtloser. An jedem Familienfest, bei jedem Besuch gibt es noch ein kleines Geschenk. Selten etwas Nützliches, meistens irgendein Billigprodukt aus Plastik. «Nur etwas Kleines!»

Natürliche Folge: Platzmangel

Wohin nur mit all den Spielsachen? Ein paar Kisten in den Estrich, ein paar in den Keller und den Rest ins Kinderzimmer. Kinderzimmer werden nur leider nicht gerne aufgeräumt. Weder von den Kindern noch von den Eltern. Als Elternteil mache ich es mir da relativ einfach: Abfallsack her und alles rein, was kaputt ist oder mich sonst schon länger nervt. Zum Beispiel das alte Seil, das dauernd irgendwo rumliegt. Oder das Schwert, das beim Spielen immer mit Schwung auf einem Kopf landet und ein Drama auslöst. Aber obwohl ich mindestens einen bis zwei 35-Liter-Säcke pro Quartal mit Spielsachen drin entsorge, nimmt die Flut keinen Abriss.

 

Ich muss zugeben, dass ich als Kind selten ein aufgeräumtes Zimmer hatte. Aber abgesehen von den Legos oder der Briobahn kann ich mich nicht erinnern, dass da viel Spielsachen rumlagen. Eher Kleider, Heftchen und Schreibzeug. Das mit dem Aufräumen klappte bei mir nämlich erst beim Auszug aus dem Hotel Mama. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Weg vom Materialismus

Vielleicht wird es wieder etwas besser, wenn wir unseren Familien und Freunden noch einmal klar sagen, was uns wichtig ist: Schenkt den Kindern Zeit. Einen Ausflug ins Theater, ins Kino, ins Museum oder in die Natur! Keine belanglosen Billigprodukte, die innert kürzester Zeit ohnehin kaputt gehen und dann auf dem Müllberg landen.

 

Erinnerst du dich noch an Spielzeug, das du als Kind geschenkt bekommen hast? Ich erinnere mich nicht mehr daran. Aber an die Zeit, z. B. den Ausflug ins Wallis, den ich mit meinem Gotti machen durfte, erinnere ich mich noch heute.