Warum Mütter Kind+Karriere nicht unter einen Hut bringen

Politische und andere Organisationen beklagen einen Mangel an weiblichen Führungskräften in grösseren Unternehmen, Verwaltungsräten und in der Politik selber. Und dies zurecht! Aber was können wir dagegen tun?

 

Schnell wird der Ruf laut nach Frauenförderung und Frauenquoten. Ersteres macht Sinn, doch kommt es dann vor allem auf die konkrete Umsetzung an. Quoten setzen führt kurz- bis mittelfristig vielleicht zum Ziel, jedoch auf Kosten der Qualität.

 

Aber wo bleiben denn all die Frauen? Gemäss Bundesamt für Statistik haben ungefähr doppelt so viele Männer als Frauen einen Hochschulabschluss. Aber rund dreimal mehr Männer als Frauen haben eine Führungsposition inne. Woher kommt diese Diskrepanz?

Was es für eine Karriere braucht

Gehen wir davon aus, dass Karriere machen heisst, eine Führungsperson zu werden mit mindestens zehn Mitarbeitern. Karriere machen heisst aber auch, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern weiterhin Gas zu geben. Schliesslich endet eine Karriere nicht mit der ersten Führungsposition. Dort fängt sie in der Regel erst so richtig an. Es hat also in erster Linie mit steigender Verantwortung zu tun.

 

Frau Heiderding führt beispielsweise ein Team oder eine Firma mit 12 Mitarbeitern. Will Frau Heiderding ihrer Verantwortung gerecht werden, muss sie im Arbeitsalltag ein vorbildliches Pflichtbewusstsein haben, vorausschauend agieren und über ihre Mitarbeiter Bescheid wissen. Ich gehe hier vom Idealfall aus, der in der Realität leider nicht so oft anzutreffen ist.

 

Um diese Kriterien zu erfüllen, muss sie mindestens 80 Prozent arbeiten. Und ich meine wirklich 80 Prozent. Nicht nur auf dem Papier. Weniger ist hier nicht realistisch, denn wie will sie überall auf dem Laufenden bleiben, wenn sie nicht den grössten Teil der Zeit selber präsent ist?

Die Mütter sind schuld

Frau Heiderding hat sich entschieden, keine Kinder zu haben, damit sie sich auf ihre Karriere konzentrieren kann. Alles andere wäre nicht realistisch. So denken die meisten Mütter und das zurecht: Schlussendlich haben wir Kinder, weil wir Freude an ihnen haben. Wir möchten sehen wie sie gross werden, was für Fortschritte sie machen und ihnen den Rücken stärken, wenn es mal nicht so läuft, wie sie es gerne hätten. Zu gut Deutsch: Zeit mit ihnen verbringen. Wie viel Zeit das im konkreten Fall ist, ist natürlich von Familie zu Familie unterschiedlich. Aber im Normalfall sind es nicht nur drei Stunden pro Tag und das Wochenende. Will eine Mutter also genügend Zeit mit ihren Kindern verbringen und gleichzeitig 80 bis 100 Prozent in einer Firma arbeiten, geht die Rechnung nicht auf.


Ein Tag hat nur 24 Stunden

Bei zwei oder mehreren Kindern sieht es bereits anders aus. Der Aufwand verdoppelt, verdreifacht oder vervierfacht sich. In zeitlicher und finanzieller Hinsicht. Und schliesslich möchte man am Leben der eigenen Kinder teilhaben: Bei den Hausaufgaben helfen, ein Spiel mit ihnen machen, ihnen etwas Leckeres kochen, zusammen einen Ausflug machen, sie zu den Hobbys bringen, zusammen einkaufen gehen und noch vieles mehr. Und das bei einem Arbeitspensum von mindestens 80 Prozent? Da hätte der Tag definitiv zu wenig Stunden!

 

Beides geht nicht. Den Fünfer und das Weggli bekommen wir auch hier nicht. Egal ob Mann oder Frau. Entweder Mutter oder Vater konzentriert sich auf die Mutter- bzw. Vaterrolle oder aber er oder sie konzentriert sich auf die Karriere. Da können die Politiker und Wirtschaftsökonomen poltern und reklamieren, was sie wollen. Auch Menschen mit einer höheren Bildung nehmen sich das Recht, sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Kinder brauchen ihre Eltern nicht nur am Wochenende und um ins Bett gebracht zu werden.

Warum haben wir Kinder?

Theoretisch könnten wir unsere Kinder vier bis fünf Tage pro Woche tagsüber in die Betreuung geben, damit wir uns auf eine Karriere konzentrieren könnten. Aber ehrlich: Wer würde das freiwillig machen? Die Kinder nur am Abend, an den Wochenenden und während vier bis sechs Wochen Ferien pro Jahr sehen? Wie viel von der ganzen Kindheit geht dann komplett an einem vorbei? Wozu Kinder haben, wenn man sie unter der Woche dann doch nicht haben will? (Zugegeben: Langfristig täten wir der Erde ohne Kinder einen grösseren Gefallen – aber dieses Thema sprengt den Rahmen dieses Artikels)

 

Wozu eine Familie gründen, wenn man die Familie zum grössten Teil dann gar nicht leben will? Das macht in meinen Augen keinen Sinn. 


Job-Sharing als Schlüssel zum Erfolg

Es stimmt, dass wir zu wenig Frauen in der Politik, Führungspositionen und in Verwaltungsräten haben. Gute Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung sind dabei ein guter Anfang. Damit können die Frauen einen Fuss im Berufsleben behalten. Das reicht aber nicht. Job-Sharing wäre der Schlüssel zum Erfolg. Wenn eine Mutter zu wenig Zeit für eine Führungsposition hat, dann braucht es halt zwei Mütter für eine Führungsposition. So bringen wir mehr Frauen in die Wirtschaftselite aber auch in die Politik.

 

Und nicht zuletzt soll die Arbeit als Mutter im Lebenslauf nicht als Lücke, sondern als wertvolles Erwerben von Sozialkompetenz, Verhandlungsgeschick, und Durchsetzungsstärke klassifiziert werden. Mit einer Familie wird Mann oder Frau als Hauptverantwortliche(r) zum Organisations- und Koordinationsspezialisten. Diese Kompetenzen werden in allen Führungspositionen und in der Politik benötigt.